Europas Green Deal: der Weg zur Nachhaltigkeit mithilfe der Private Markets
Der Green Deal der Europäischen Union ist eine der ambitioniertesten wirtschaftspolitischen Visionen unserer Zeit: Bis 2050 soll Europa klimaneutral werden. Die Herausforderung ist dabei nicht nur technologisch – sie ist vor allem auch finanzieller Natur. Klar ist: Ohne privates Kapital wird es nicht funktionieren. Besonders Private Markets rücken in den Fokus. Doch wie nachhaltig ist dieser Sektor – und kann er den Erwartungen gerecht werden?
Warum der Green Deal auf private Märkte angewiesen ist
Die Umsetzung des Europäischen Green Deals erfordert gewaltige Investitionen in allen Sektoren. Bereits für die Erreichung der aktuellen Klimaziele bis 2030 wurde ein zusätzlicher Investitionsbedarf von rund 260 Mrd. Euro pro Jahr veranschlagt. Mit der Anhebung des EU-Klimaziels auf -55 % Emissionen bis 2030 stieg die Schätzung noch weiter: Etwa 350 Mrd. Euro an jährlichen Mehrinvestitionen sind nun allein im Energiesektor nötig, um dieses Ziel zu erreichen. Insgesamt bewegt sich der Finanzbedarf in Billionenhöhe. Zum Vergleich – das entspricht fast dem Fünffachen des jährlichen EU-Haushalts für 2025. Die EU-Kommission hat einen Investitionsplan vorgestellt, um in den Jahren 2021–2030 diese 1 Billion Euro in die grüne Transformation zu mobilisieren. Doch selbst diese Summe deckt nur einen Teil des Bedarfs – es verbleibt eine erhebliche Lücke von schätzungsweise 2,5 Billionen Euro. Diese Lücke übersteigt die Kapazitäten öffentlicher Haushalte, weshalb sie überwiegend durch privates Kapital geschlossen werden muss.
Die Rolle des öffentlichen Sektors vs. privater Finanzierung beim Green Deal
Die Finanzierung der nachhaltigen Transformation Europas ist eine gemeinsame Aufgabe von Staat und Privatwirtschaft. Öffentliche Mittel – etwa aus EU-Haushalt, nationalen Budgets oder Förderbanken – spielen eine wichtige Anschubrolle, können das benötigte Volumen aber nicht alleine stemmen. So will die EU z. B. über ihren Haushalt erhebliche Klimamittel bereitstellen und damit privates Kapital „anstupsen“. Konkret ist geplant, rund die Hälfte der angestrebten Green Deal-Investitionen aus öffentlichen Quellen zu decken (EU-Haushalt, nationale Ko-Finanzierungen), während die andere Hälfte durch Hebeleffekte und Kooperation mit privaten Geldgebern aufgebracht wird.
- Ein zentrales Instrument dafür ist InvestEU: Durch EU-Garantien sollen private Investoren Risiken abgenommen bekommen, um ein Vielfaches an privatem Kapital für grüne Projekte zu mobilisieren.
- Ergänzend dazu stellt der Just Transition Fund Mittel bereit, um beispielsweise in Kohleregionen zusätzliche Investitionen (teils mit privaten Partnern) anzustoßen.
- Auch die Europäische Investitionsbank (EIB) wird zur „Klimabank“ ausgebaut und verdoppelt ihre Kredite für grüne Vorhaben – häufig in Partnerschaft mit kommerziellen Banken – wodurch öffentliche und private Finanzierung verzahnt werden.
Dem Privatsektor kommt somit die Aufgabe zu, einen Großteil der erforderlichen Mittel bereitzustellen. Bereits heute stammt weltweit ein Großteil der Klimafinanzierung von privaten Akteuren – z. B. flossen 2017/18 rund 326 Mrd. US Dollar aus dem Privatsektor in Klimaschutzinvestitionen, verglichen mit 253 Mrd. US Dollar aus öffentlichen Kassen. Dieses Zusammenspiel zeigt, dass ohne die Finanzkraft und Innovationsfähigkeit privater Investoren die nachhaltige Transformation nicht gelingen kann.
Gute Nachrichten für den Green Deal: Nachhaltigkeit wird zum Anlagekriterium innerhalb der Private Markets
Der Ruf nach Nachhaltigkeit ist auch in den Private Markets angekommen. Laut PwC Private Equity Trend Report 2025 sehen 72 % der befragten PE-Firmen ESG-Faktoren als integralen Bestandteil ihrer Investmentstrategie. Besonders bemerkenswert: Eine Mehrheit glaubt, dass ESG-Initiativen finanziell lohnend sind – also Rendite und Wirkung vereinbar sein können.
Auch in der BVK/PwC ESG-Studie 2024 zeigt sich ein klarer Trend:
- Durchschnittlich 78 % der deutschen Beteiligungsgesellschaften verfügen über eine formalisierte ESG-Strategie.
- Im Durchschnitt haben 73 % ESG-Verantwortliche benannt.
- Nachhaltigkeit gilt zunehmend als Wertetreiber – nicht nur als Risikomanagement. „Für mehr als 80 % der Gesellschaften ist die eigene Verantwortung die wichtigste Motivation für ihre ESG-Aktivitäten.“
Auch die Aviva Investors Private Markets Study 2025 stellt einen Bedeutungsgewinn von Nachhaltigkeit bei den Anlagestrategien institutioneller Anleger fest. 60 Prozent der Investoren betrachteten Nachhaltigkeit 2024 als einen von mehreren Schlüsselfaktoren (Vgl. 49 Prozent in 2023). Interessant: Vor allem Europa und der asiatisch-pazifische Raum verantworten diesen Anstieg; „Nordamerika hinkt dem globalen Trend jedoch weiterhin hinterher“, heißt es in der Studie.
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Herausforderungen in den Private Markets: Transparenz, Regulierung und Wirkungsmessung
Trotz breiter ESG-Akzeptanz in den Private Markets bestehen strukturelle, regulatorische und operationale Barrieren, insbesondere:
- Mangel an verlässlichen, vergleichbaren ESG-Daten
- Regulatorische Unklarheiten und Überforderung kleinerer Player mit SFDR & Taxonomie
- Schwierigkeit, Wirkung und Wertbeitrag von ESG-Initiativen valide zu messen.
- Kosten- und Ressourcenaufwand für interne ESG-Systeme
- Knappheit geeigneter Investitionsziele, die ESG-Kriterien voll erfüllen.
Fazit: Trotz dieser Hürden zeigt der Markt eine positive Entwicklung hin zur ESG-Integration. Bleibt zu hoffen, dass Nachhaltigkeit langfristig in den Private Markets nicht nur regulatorisch, sondern auch ökonomisch zum Standard wird. Das ist umso wichtiger, da der Green Deal ohne privates Kapital nicht funktionieren kann – Private Markets haben das Potenzial, hier eine Schlüsselrolle zu übernehmen.
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