Was hebt Hidden Champions vom restlichen Mittelstand in Deutschland ab?
Weltweit gibt es nur ca. 4.000 Hidden Champions, rund 1.600 der Hidden Champions stammen aus Deutschland. Welche Perlen der Mittelstand in Deutschland bereit hält, wird mit einem Blick auf die Exportleistung deutlich: Rund 25 Prozent der deutschen Exporte stammen von Hidden Champions.
Warum gibt es gerade in Deutschland so viele Hidden Champions?
Das hat mitunter historische Ursachen: So war Deutschland bis 1918 kein Nationalstaat, sondern bestand offiziell aus 23 Monarchien und drei Republiken. Das bedeutet, dass es viele industrielle Zentren gab und so sind auch die Hidden Champions über die ehemaligen Länder verteilt. Nach aktueller Zählung von Prof. Hermann Simon gibt es allein in Deutschland knapp 1.600 Hidden Champions, von denen mehr als die Hälfte Weltmarktführer sind.
Der Mittelstand in Deutschland – was zeichnet die Klassenbesten aus?
Hier spielen viele Faktoren eine Rolle, die drei wichtigsten Eigenschaften sind jedoch:
- Das ambitionierte Ziel, der Beste in seinem Markt zu sein. Niemand „stolpert“ in die Weltführerschaft, dafür muss man Energie und Ausdauer haben.
- Der Fokus auf eine Nische. Nur so wird man Weltklasse. Fokus hat aber einen Nachteil – er macht den Markt klein. Um ihn groß zu machen, muss man…
- … globalisieren. Das ist der dritte Pfeiler. Nehmen wir das Beispiel RATIONAL: Die Firma stellt professionelle Küchengeräte her zur thermischen Speisezubereitung. Das Sortiment umfasst nur drei Produktkategorien. Doch damit hält RATIONAL 50 Prozent des Weltmarktes. Sprich, wenn man die ganze Welt bedient, wird jeder Markt groß.
Hinzu kommen Innovationspotenzial (siehe Abb. 1), Nähe zur Kundschaft sowie eine hohe Treue der Mitarbeitenden, die die Wettbewerbsfähigkeit stärken.
Hidden Champions: Wirtschaftlich erfolgreich und nachhaltig mit minimaler Fluktuation und langfristiger Führung
Hidden Champions zeigen sich nicht nur wirtschaftlich performant, sondern glänzen auch im Bereich der ökologischen und sozialen Nachhaltigkeit. Ein Beispiel: Die Fluktuationsrate liegt bei Hidden Champions bei 2,7 Prozent pro Jahr. Bei deutschen Firmen beträgt sie im Schnitt 7,3 Prozent. Eine andere Kennzahl ist die durchschnittliche Amtsdauer des obersten Managements. Bei Hidden Champions liegt sie bei 20 Jahren, bei Großunternehmen sind es sechs. Allein diese beiden Kennzahlen sagen schon viel über die Langfristigkeit und Nachhaltigkeit der Markt- und Weltmarktführer aus, die mit neun Prozent vom Umsatz auch deutlich mehr in die Lehrlingsausbildung investieren als die sonst üblichen sechs Prozent. Weitere Kennzahlen zu Hidden Champions aus dem Portfolio des avesco Sustainable Hidden Champions Equity Fonds (SHC-Fonds) haben wir für Sie zusammengestellt in Abbildung 2.
Mittelstand in Deutschland: Welche Rolle spielen Innovationen bei den Hidden Champions?
Die Welt der Hidden Champions besteht vielmehr aus graduellen Verbesserungen als aus bahnbrechenden Innovationen. Ein Beispiel: Die Firma Stihl, Weltmarktführer bei Ketten- und Motorsägen. Stihl hat in einem Jahr 42 Innovationen in einer Kettensäge verbaut. Keine dieser Verbesserungen hat es zu einer Schlagzeile gebracht, doch diese kleinen Innovationen führen in der Summe zu der allgemeinen Überlegenheit der Hidden Champions.
Digitalisierung: Herausforderung für den Mittelstand in Deutschland
Oftmals und teils zurecht wird Deutschland als Digitalisierungsstandort in die Kritik genommen. Und tatsächlich, im B2C-Bereich, bei Digitalisierung und Durchbruchsinnovationen, liegt Amerika und China weit vorne. Differenzierter muss der B2B-Bereich betrachtet werden: Hier gibt es viele Weltmarktführer, die keiner sieht, beispielsweise im Bereich des autonomen Fahrens. Seit 2010 sind weltweit 7.313 Patente für autonomes Fahren registriert worden. Davon kamen 48,8 Prozent aus Deutschland, nicht etwa aus den USA von Google, Tesla und Co. Dass deutsche Technologie in dem Bereich den Ton angibt, ist allgemein nicht bekannt. Ein paar andere Beispiele für das Digitalisierungspotenzial hierzulande: Die LSTM-Software (Long Short Term Memory) von der TU München, die in 3 Milliarden Smartphones steckt oder DeepL, das beste KI-Übersetzungsprogramm der Welt aus Köln. Und so verhält es sich oftmals bei den Hidden Champions.
Der Artikel ist erstmals erschienen im November 2021 bei Citywire. 1. Aktualisierung November 2022, 2. Aktualisierung Juli 2024
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