Interview mit Oliver N. Hagedorn

Nachhaltigkeit gibt es nicht umsonst, es bedarf einer Menge Anstrengung.

Der Gründer und CEO der avesco Financial Services AG erörtert, wo sich Unternehmen im Sinne der Nachhaltigkeit verbessern müssen und, dass die Ergebnisse in die Bewertungen der Analysehäuser einfließen sollten.

 

Herr Hagedorn, Sie sind CEO der avesco Financial Services AG und ein Unternehmer mit gesellschaftlichen Visionen. Was bedeutet das für Sie?

HAGEDORN: Ich bin davon überzeugt, dass eine bessere Welt im Sinne der Sustainable Development Goals der UN nur unternehmerisch möglich ist. Es gibt eine Vielzahl von Aktivitäten, die ökologisch und sozial wertvollen Impact erzeugen – aber das alleine wird nicht reichen. Entscheidend ist, das große Geld in nachhaltige Geschäftsmodelle zu bewegen.

Das aber liegt bei den großen Konzernen und in der Finanzindustrie. Wie wollen Sie da rankommen?

HAGEDORN: Und bei Stiftungen und Hochvermögenden. Wir müssen es umleiten und die Voraussetzungen dafür sind derzeit gut. Nachhaltigkeit und Impact sind in aller Munde. Institutionelle Anleger wie zum Beispiel Versicherer oder Stiftungen investieren zunehmend in Geldanlagen, die nachhaltig ausgerichtet sind. Der politische und gesellschaftliche Wille unterstützt diese Entwicklung, aber es sind natürlich noch Defizite vorhanden.

Wie können die noch vorhandenen Defizite bei Unternehmen langfristig beseitigt werden?

HAGEDORN: Nachhaltigkeit gibt es nicht umsonst, es bedarf einer Menge Anstrengung. Unternehmen müssen ihr Geschäftsmodell im Kontext der Dimensionen Ökonomie, Ökologie, Soziales und der Governance verbessern und Analysehäuser das Zusammenwirken der Aspekte erkennen und Geschäftsmodelle ganzheitlich und zukunftsorientiert bewerten. Das kostet erstmal Geld, zahlt sich aber langfristig aus. Wenn letzteres sichtbar wird, bin ich zuversichtlich, dass Anleger ihre Mittel im großen Stil in nachhaltige Geschäftsmodelle umleiten.

Was ist aus Ihrer Sicht nachhaltig?

HAGEDORN: Letztlich jedes Verhalten, das wir vernünftigerweise der Selbsterhaltung und der Verantwortung wegen an den Tag legen. Ganz pragmatisch sind es Tugenden, die dem gesunden Menschenverstand entsprechen, wie nicht auf Kosten anderer zu leben oder nichts zu vergeuden. Das Leitwort der avesco Nachhaltigkeitsbewertung ist der Begriff des Potenzials. Nachhaltig ist eine Sache dann, wenn durch sie bestehende Potenziale nicht vernichtet werden oder sogar neue geschaffen werden. Ein Potenzial meint immer die Möglichkeit späterer Nutzung oder Entfaltung. Aufbauend darauf haben wir 2015 den avesco Sustainable Hidden Champions Aktienfonds (SHC) aufgelegt.

Was zeichnet die Unternehmen im Fonds aus und wie sieht der Prozess vor der Aufnahme in den Fonds aus?

HAGEDORN: Das sind kleine und mittlere Unternehmen, eher unbekannte Kontinental- und Weltmarktführer mit einem B2B-Geschäftsmodell. Hidden Champions, wie zum Beispiel Mayr-Meinhof Karton oder Uzin Utz. Das Verfahren gleicht einer Entdeckungsreise, bei der das jeweilige Geschäftsmodell als Grundlage dient, und im Kontext der genannten Dimensionen qualitativ analysiert wird. Im Kern geht es einerseits darum herauszufinden, ob ein Geschäftsmodell Aktivitäten betreibt, die dazu führen, dass noch nicht ausgeschöpfte Potenziale der Nachhaltigkeit genutzt werden. Bei der Ermittlung der Potenziale werden auch die Risiken identifiziert und separat gesammelt und bewertet. Andererseits geht es um die Frage, ob das Geschäftsmodell der ungleichen Verteilung von Ressourcen in der Gesellschaft entgegenwirkt. Diese Fragen werden auf die wirtschaftliche Gesundheit, Ökologie, Soziales und die Governance, also das Wohlverhalten gegenüber Gesetzen angewendet. Auf diese Weise entsteht ein ganzheitliches Bild vom Unternehmen und das Nachhaltigkeits-Rating, welches analog zur Energieeffizienz von A bis G reicht. Alle Unternehmen die nach dieser Bewertung ein Rating von C oder besser vorweisen, sind im Fonds enthalten. Aktuell sind dies 62 nachhaltige Hidden Champions.

Was zeichnet den SHC-Fond aus Ihrer Sicht besonders aus?

HAGEDORN: Anleger investieren mit diesem Produkt in die innovativsten Mittelständer aus dem deutschsprachigen Raum. Damit profitieren Sie von einer guten Performance, einer hohen Widerstandskraft, insbesondere bei exogenen Schocks, und regelmäßigen Dividenden. Vor allem aber können sie sicher sein, dass ihr Geld sinn- und nutzenstiftend investiert ist und dies auch nachvollzogen werden kann. Der SHC-Fonds bietet also alles, was sich Anleger mit Herz und Verstand wünschen.

Und springt das große Geld darauf an?

HAGEDORN: Wir arbeiten daran. Für die Versicherung Die Bayerische managen wir bereits einen hohen zweistelligen Millionenbetrag. Weitere institutionelle Anleger werden folgen. Der Publikumsfonds liegt uns besonders am Herzen, weil wir wissen, dass es hunderttausende von Anlegern gibt, die sich so ein Produkt wünschen. Mit einem Fondsvolumen von knapp 10 Millionen gibt es da aber noch viel Luft nach oben.