Die SDGs feiern Geburtstag
Was ist in den letzten sieben Jahre passiert und was bedeuten die Ziele für das Asset Management?
Bald ist es wieder soweit. Am 25.09 feiern die „Sustainable Development Goals“ (kurz SDGs) ihren nun siebenten Geburtstag. Bei avesco kommen wir mittlerweile so gut wie jeden Tag mit den SDGs in Berührung. Sei es im Rahmen unserer Nachhaltigkeitsanalyse für den Sustainable Hidden Champions Equity Fonds oder bei der Bewertung von Sozialunternehmen für den European Social Innovation and Impact Fund. Anlässlich des 7. Geburtstags der Agenda 2030 wollen wir einen Einblick in die SDGs geben und betrachten, wie das Erreichen der Ziele vorangeht. Außerdem schauen wir uns an, inwiefern Vor- und Nachteile für das Asset Management aus den Zielen entstehen können.
Wie ist die Agenda 2030 entstanden?
Bei der Agenda 2030 handelt es sich um ein Rahmenkonstrukt, das die Nachhaltigkeitspolitik der Vereinten Nationen für die nächsten 15 Jahre (Erstellung im Jahr 2015) abstecken soll. Ursprung der Agenda 2030 sind vor allem die Beschlüsse aus der Rio-Konferenz von 1992 und dem Millenniumsgipfel des Jahres 2000 und den daraus entstandenen „Millennium Development Goals“ (MDGs). Diese waren relativ stark auf die Themen Armutsbekämpfung und soziale Entwicklung begrenzt, wodurch sozioökonomische sowie ökologische Entwicklungen nicht bedient werden konnten. Beispielhaft für diese Entwicklungen sind die immer schneller wachsende Gesamtbevölkerung, die größer werdende Kluft zwischen Arm und Reich sowie auch die Beschleunigung des Klimawandels und des Artensterbens.
Der Paradigmenwechsel wurde dann auf der Rio+20 Konferenz eingeläutet, bei der erstmals die Notwendigkeit für umfangreichere Ziele für eine nachhaltige Entwicklung festgestellt wurde. Dabei wurde erkannt, dass die Ziele in Zukunft auf alle Länder der Welt anwendbar sein sollten und nicht nur auf den ärmeren globalen Süden. Nach vielen Diskussions- und Verhandlungsrunden wurden dann im September 2015 auf dem New Yorker Gipfel 17 SDGs und daraus abgeleitet, 169 Zielvorgaben final vorgestellt. Die übergeordneten Ziele können in der nachfolgenden Grafik nachgelesen werden.
Wie sind die 17 SDGs aufgebaut?
Die SDGs bestehen zunächst aus einem übergeordneten Ziel. Zum Beispiel „Armut beenden“ (SDG 1). Zusätzlich gibt es Zielvorgaben, die diesem größeren Ziel untergeordnet sind. Die Zielvorgabe 1.1 lautet beispielsweise: „Bis 2030 die extreme Armut – gegenwärtig definiert als der Anteil der Menschen, die mit weniger als 1,90 Dollar pro Tag auskommen müssen – für alle Menschen auf der Welt beseitigen“. Diese Vorgabe betrifft vor allem den globalen Süden, in dem noch viele Menschen unter dieser Einkommensschwelle liegen. Die nächste Vorgabe (1.2) lässt sich dahingegen auf alle Länder übertragen, diese lautet: „Bis 2030 den Anteil der Männer, Frauen und Kinder jeden Alters, die in Armut in all ihren Dimensionen nach der jeweiligen nationalen Definition leben, mindestens um die Hälfte senken“.
Eben diese Verfeinerung der Zielvorgaben wurden im Vergleich zu den davor aufgestellten MDGs gelobt, da sie die SDGs deutlich umfänglicher und allgemein anwendbar machen. Weiterhin gibt es neue Dimensionen, die von den SDGs verfolgt werden, wie das SDG 13, welches zum Ziel hat, den Klimawandel und seine Auswirkungen zu bekämpfen, bspw. dass „Klimaschutzmaßnahmen in die nationalen Politiken, Strategien und Planungen einbezogen werden“ (13.2) oder das SDG 15 mit dem Ziel „Landökosysteme schützen“, durch die Förderung der Bewirtschaftung von Waldarten, das Beenden der Entwaldung oder das Wiederherstellen von geschädigten Wäldern (15.2). Mithilfe der 17 SDGs und den darunter festgelegten Zielvorgaben soll der Weg in eine nachhaltige Zukunft geschaffen werden.
Wie ist der Stand zum 7. Geburtstag der SDGs?
In der nachfolgenden Übersicht haben wir den aktuellen Stand Deutschlands zur Erreichung der SDGs und den Trend für die nächsten Jahre zusammengefasst. Über die interaktive Karte des „Sustainable Development Reports“ können sich Interessierte über die weltweite Entwicklung der SDGs informieren. Deutschland ist mit einem Score von 82,18 (von 100 möglichen Punkten) auf Platz 6 der 165 Länder, die sich zu dem Erreichen der Ziele verpflichtet haben. Somit sind wir allgemein auf einem guten Weg.
SDG
Stand
Trend
Ziel erreicht.
Ziel wird voraussichtlich beibehalten.
erhebliche Herausforderung
Positive Entwicklung, Ziel wird vermutlich nicht erreicht.
erhebliche Herausforderung
Positive Entwicklung, Ziel wird vermutlich nicht erreicht.
erhebliche Herausforderung
Positive Entwicklung, Ziel wird vermutlich nicht erreicht.
weiterhin Herausforderung
Positive Entwicklung, Ziel wird vermutlich nicht erreicht.
weiterhin Herausforderung
Ziel wird vermutlich erreicht.
weiterhin Herausforderung
Ziel wird vermutlich erreicht.
weiterhin Herausforderung
Ziel wird vermutlich erreicht.
weiterhin Herausforderung
Ziel wird vermutlich erreicht.
weiterhin Herausforderung
Positive Entwicklung, Ziel wird vermutlich nicht erreicht.
weiterhin Herausforderung
Positive Entwicklung, Ziel wird vermutlich nicht erreicht.
große Herausforderung
Positive Entwicklung, Ziel wird vermutlich nicht erreicht.
große Herausforderung
Positive Entwicklung, Ziel wird vermutlich nicht erreicht.
erhebliche Herausforderung
Stagnation oder Anstieg der Punktzahl um weniger als 50 % der erforderlichen Rate
erhebliche Herausforderung
Positive Entwicklung, Ziel wird vermutlich nicht erreicht.
weiterhin Herausforderung
Ziel wird vermutlich erreicht.
weiterhin Herausforderung
Ziel wird vermutlich erreicht.
Ein Blick in die Tabelle offenbart jedoch, dass wir bei einem Großteil der Ziele noch vor erheblichen Herausforderungen stehen und es schwer wird, diese bis zum Jahr 2030 zu erreichen. Insbesondere bei den ökologischen Zielen scheinen wir die Vorgaben um ein Weites zu verfehlen, wie man am SDG 13 „Maßnahmen zum Klimaschutz“ sehen kann. Dieses wird nach aktuellem Stand sehr wahrscheinlich nicht bis 2030 erreicht werden. Dahingengen sieht es bei dem SDG 10 „Ungleichheit verringern“ gut aus. So ist beispielsweise die Zahl der Frauen in Aufsichtsräten deutscher Unternehmen von 21,3 Prozent im Jahr 2015 auf 32,2 Prozent im Jahr 2020 gestiegen, wodurch die Zielvorgabe 10.3 vorangetrieben werden konnte. Bei dem SDG 15, das den Schutz der Landökosysteme zum Ziel hat, sieht es wiederum eher schlecht aus. Bis 2020 konnten keine der dazu formulierten Ziele erreicht werden. Umso wichtiger wird es sein, in den nächsten Jahren vermehrt für den Artenschutz und die Erhaltung von Ökosystemen einzutreten. Jedoch konnte Deutschland relativ deutlich auf das SDG 7 „Erneuerbare Energien“ einzahlen. Der Anteil an erneuerbaren Energien am Stromverbrauch ist zwischen 2015 und 2020 von 31,5 % auf 42,1 % gestiegen.
Obwohl das Erreichen der meisten Ziele also weiterhin eine Herausforderung darstellt, sind die Tendenzen durchaus positiv und durch weitere Bemühungen könnten die Ziele erreicht werden.
SDGs im Asset Management
Um diesen Bereich betrachten zu können, ist es wichtig zu verstehen, dass es sich bei den SDGs keineswegs nur um politische Richtlinien handelt, sondern, dass alle öffentlichen Akteure ihre Tätigkeiten nach den Nachhaltigkeitszielen ausrichten können und dies auch tun sollten. Insbesondere Unternehmen, die maßgeblich dazu beitragen können, dass die Ziele erreicht werden, sollten aktiv werden und ihren Beitrag leisten. Von daher ist es nicht verwunderlich, dass in Zeiten, in denen nachhaltige Investments immer bedeutender werden, auch Fonds ins Leben gerufen werden, die die SDGs als Anlagestrategie verfolgen. Eine Studie von Berenberg hat InvestorInnen dazu befragt, inwiefern SDGs relevant für Investmentstrategien sind. Aus dieser Studie hat sich ergeben, dass SDGs für globale Investments marktübergreifend genutzt werden können und dass es für Asset Manager einen gewissen Spielraum bei der Entwicklung von Investmentprodukten für weniger leicht erreichbare SDGs, wie bspw. SDG 10, 13, 16 oder 17, gibt. Allgemein verhält es sich jedoch so, dass die SDG-Vorgaben meist relativ vage sind und einer eigenen Auslegung bedürfen.
Bei avesco werden die SDGs wie eingangs schon erwähnt, bei der Nachhaltigkeitsanalyse (Abb. 1) genutzt; diese basiert auf den drei Faktoren „Ökonomie“, „Ökologie“ und „Soziales“. Für die im Fonds enthaltenen Unternehmen wird geprüft, inwiefern diese auf die SDGs einzahlen und Chancen für die Zukunft schaffen. So wirkt sich beispielsweise das Kreislaufsystem und die Nutzung von Altpapier zur Herstellung von Kartonage, wie dies bei unserem Hidden Champion der Mayr-Melnhof AG passiert, positiv auf das SDG 12 „Nachhaltiger Konsum und Produktion“ aus. Die SDGs können somit als ein weiterer Faktor bei der Nachhaltigkeitsanalyse genutzt werden. Eben dies ist im Bereich des Asset Managements ihr größter Vorteil.
Fazit
Abschließend möchten wir festhalten, dass die SDGs einen wichtigen Schritt für die nachhaltige globale Entwicklung darstellen. Nach nunmehr siebenjährigem Bestehen der Ziele lässt sich für Deutschland erkennen, dass es eine allgemeine positive Tendenz gibt. Beschlüsse, wie der vom Bundesverfassungsgericht Karlsruhe 2021, dass der Bund mehr für den Klimaschutz machen muss, tragen zusätzlich zum Erreichen der Ziele bei. Weiterhin stellen die Ziele eine bedeutende Ergänzung für das Asset Management dar. Investitionen können damit transparenter gemacht werden und es kann klar gemacht werden, inwiefern auf die Ziele konkret eingezahlt werden kann.
Quellen
- https://www.globalpolicy.org/sites/default/files/Agenda_2030_online.pdf
- https://www.2030agenda.de/sites/default/files/2030/zwischenbilanz/Agenda_2030_Zwischenbilanz_online-2.pdf
- https://citywireselector.com/news/long-way-to-go-how-asset-managers-engage-with-un-sdgs/a1405252
- https://www.berenberg.de/files/ESG%20News/SDG_Bedeutung_SDGs_fuer_nachhaltige_Investments.pdf
- https://www.zeit.de/news/2021-04/29/klimagesetz-gericht-entscheidet-ueber-verfassungsbeschwerden?
Artikel aktualisiert am 13.09.2022 (erste Veröffentlichung: 08.09.2021)