Der EU-Aktionsplan: Wie die EU nachhaltiges Investieren fördern möchte

Die Europäische Union hat sich Ziele gesetzt: Bis 2050 will sie emissionsfrei werden und so ein Zeichen für den Klimaschutz setzen. Dass Geld und somit der Finanzsektor hierbei eine große Rolle spielen, hat sie ebenfalls erkannt und genau deshalb das Thema erstmals auf die politische Agenda gebracht. Heute geht es darum, was der EU-Aktionsplan erreichen will und wie diese Ziele erreicht werden sollen.

Wer finanziert Nachhaltigkeit?

Klimafreundlicher, sozialer, langfristig ökonomisch rentabler zu sein – all das kostet Geld. Wenn wir als Gesellschaften einen Richtungswechsel wollen, der unsere Art zu leben und zu wirtschaften mit einbezieht, muss diese Transformation irgendwie bezahlt werden. Die öffentlichen Haushalte sind begrenzt. Und genau hier knüpft der EU-Aktionsplan an, indem er vorschlägt auch nicht-öffentliche Kapitalströme zu mobilisieren und somit den Richtungswechsel zu finanzieren.

Was bedeutet das konkret? „Die Gelder von institutionellen Anleger*innen wie Versicherungen, Banken und Fondsgesellschaften sollen der nachhaltigen Entwicklung dienen […]. Denn es geht um sehr viel Geld: Allein in Deutschland managen Versicherungen und Banken zusammen 4,3 Billionen EUR. […]. Wie essentiell es ist, dass in der Finanzbranche ein Umdenken stattfindet, zeigt schon die Tatsache, dass jährlich 180 Milliarden Euro an Investitionen im Energiesektor fehlen, um die Pariser Klimaschutziele zu erreichen. Sowohl von institutionellen Investor *innen als auch aus der Privatwirtschaft fließt also zu wenig grünes Geld“, schreibt Judith Lehner in einem Artikel auf ver.de.
Durch den EU-Aktionsplan soll dieses Geld nun also mobilisiert werden, um es grob zu formulieren. Doch was sind weitere Ziele des Aktionsplans?

Was möchte der EU-Aktionsplan erreichen?

Der 2018 veröffentlichte „Aktionsplan zur Finanzierung nachhaltigen Wachstums“, kurz: Aktionsplan Sustainable Finance (SF) oder auch einfach EU-Aktionsplan, verfolgt das Ziel eines nachhaltigeren, ökologisch und sozial verantwortlicheren Finanzwesen. Um dieses Ziel zu erreichen erarbeitete die EU-Kommission verschiedene Verordnungen und ergänzende Rechtsakte. Und da zu einem Aktionsplan immer auch Aktionen gehören, wurden 5 Aktionen definiert, mit denen das zuvor genannte Ziel erreicht werden soll: „Fünf Aktionen sollen Kapitalflüsse auf eine nachhaltigere Wirtschaft neu ausrichten, drei Aktionen Nachhaltigkeit ins Risikomanagement verhelfen und zwei Aktionen Transparenz und langfristiges Denken in Firmen und Finanzwelt fördern“, schreibt der Handelsblatt Newsletter zu nachhaltigen Investments im November 2020. Die Aktionen und damit verbundenen Ziele sind:

Ziele und Aktionen des EU-Aktionsplans (Quelle: EU-Kommission)

So wird unter anderem die Einführung eines EU-Klassifikationssystems für nachhaltige Tätigkeiten gefordert, um ein einheitliches Verständnis des Begriffs „nachhaltig“ zu kreieren (Taxonomie). Darauf aufbauend sollen zur Stärkung der Integrität und des Vertrauens in den nachhaltigen Finanzmarkt EU-Normen und -Kennzeichen eingeführt werden. Zudem sollen stärkere Vorschriften zur Offenlegung von Nachhaltigkeitsinformationen und zur Rechnungslegung in Unternehmen und im Finanzsektor eingeführt werden, welche nun am 10. März auch in Kraft getreten sind.

Was bisher geschehen ist, zeigt die folgende Grafik aus dem FNG-Marktbericht 2020:

Quelle: FNG-Marktbericht

Bisher sind zwei wesentliche Bausteine des Plans verabschiedet: Die Offenlegungs-Verordnung (EU-Verordnung Nr. 2019/2088) vom November 2019 und die Taxonomie-Verordnung (EU-Verordnung Nr. 2020/852), die im Juni 2020 angenommen wurde. Alles über die beiden Verordnungen kann in unserer zweiteiligen Blogpostreihe (Artikel zur Offenlegungsverordung | Artikel zur Taxonomieverordnung) nachgelesen werden. Neben diesen soll allerdings auch eine Art „Eco-Label“ oder Green Bonds Standard eingeführt werden.

Arbeit an einem Green Bond Standard

Im Januar 2020 hat die Kommission angekündigt, dass sie einen Green BonStandard etablieren will. Ein solcher Standard wäre eine Art Eco-Label für Finanzprodukte. Auch er soll auf der Taxonomie beruhen. Noch ist allerdings unklar, wann der Standard kommen wird und inwieweit die EU dabei auf Freiwilligkeit setzt. „Aktuell ist der Green Bond Standard das schwächste Glied des EU-Aktionsplans Nachhaltige Finanzen. Es kann aber – richtig gestaltet – ein wirksames Instrument für mehr Transparenz sein“, schreibt Judith Lehner in ihrem Artikel.
Der aktuell vorliegende Draft 3.0 für ein EU Ecolabel gibt einen Einblick in das erste europaweit gültige Gütesiegel für nachhaltige Geldanlageprodukte. Gleichzeitig sind einige Punkte noch unklar bzw. umstritten. Wie das EU Ecolabel letztlich aussehen wird, hängt maßgeblich von den demnächst stattfindenden Verhandlungen ab. Interessante Informationen zum Stand der Arbeit an dem Label finden sich hier.

Auf nationaler Ebene

Und auch die Bundesregierung ist nicht inaktiv geblieben. Um die Ziele und Vorgaben des EU-Aktionsplans zu erreichen hat sie den Sustainable Finance-Beirat eingesetzt, welcher sie zu ihrer Umsetzungsstrategie beraten soll und im Februar seinen Abschlussbericht dbzgl. veröffentlicht hat. Einen guten Überblick hierüber gibt ein Artikel von Dr. Gerhard Schick auf dem Blog von der Bürgerbewegung Finanzwende. Nachgelesen werden kann natürlich auch direkt im Abschlussbericht des Beirates.

Fazit

Mit dem Aktionsplan hat die Europapolitik einen wichtigen Schritt in Richtung Nachhaltige Entwicklung gemacht, zumindest im Bereich des Klimaschutzes. So schreibt das Forum Nachhaltige Geldanlagen (FNG) sogar, dass sich die EU-Maßnahmen zu sehr auf Klimaschutz fokussierten. Nachhaltige Investments sollten aber immer alle drei ESG-Aspekte – Umwelt, Soziales und Governance – berücksichtigen. Eine Verpflichtung, in nachhaltige Projekte zu investieren, umfasst der Aktionsplan nicht. Wenn das Thema Nachhaltige Finanzen also nicht in der Öffentlichkeit an Bedeutung gewinnt, wird er nicht viel ändern können. Gerade der EU-Standard für grüne Bonds wäre daher ein wichtiger Schritt. Die gute Nachricht jedoch: Das Thema gewinnt tatsächlich mehr und mehr an Bedeutung. Das verdeutlichen die Zuwachszahlen in nachhaltige Geldanlagemöglichkeiten. Laut der Statistik des Fondsverbandes BVI stieg das Volumen dieser Produkte bis Ende 2020 auf 147 Milliarden Euro. Das entspricht einem Wachstum um 33 Milliarden Euro (29 Prozent) gegenüber dem Vorjahresende 2019. Zum Vergleich: Bei konventionellen Fonds betrug der Zuwachs nur knapp 3 Prozent. Hier kann also auf eine günstige Verzahnung von Aktionsplan und Zeitgeist der Gesellschaft gehofft werden.

Autorin: Elisabeth Schaper


Verwendete Quellen
  1. https://www.ver.de/eu-aktionsplan-nachhaltige-finanzen/
  2. https://www.handelsblatt.com/specials/sustainable-finance-archiv/business-briefing-nachhaltige-investments-vom-dezember-2020-bbni_12-2020/26701306.html
  3. https://cric-online.org/images/individual_upload/veranstaltungen/VORTRAG_CRIC_EU_Ecolabel_Retail_Financial_Products_2021_03_30.pdf
  4. https://fng-marktbericht.org/fileadmin/Marktbericht/2021/FNG_Marktbericht2021_Online.pdf